written by Kathrin Geef | Blogartikel 

20. Februar 2018

Könnte er sich nicht manchmal etwas schicker anziehen? Sollte sie nicht öfter mal einen Abend zuhause bleiben? Kaum sind die Flitterwochen der Liebe vorbei, beginnt das Umerziehungsprogramm: Der andere soll sich ändern. Er soll sich unseren Vorstellungen anpassen. Doch das funktioniert nicht. Je mehr wir am anderen herumkritisieren, desto mehr leidet die Liebe. Und ändern tut der andere sich auch nicht. Liebe deinen Partner also besser, wie er ist. Sich zu lieben bedeutet, den anderen zu akzeptieren. Ohne Wenn und Aber. Sich zu lieben bedeutet, Ja zueinander zu sagen.

Nicht: Ja, aber du darfst nie wieder karierte Socken tragen. Oder: Ja, aber die langen Telefonate mit deinen Freundinnen, die hören jetzt auf. Und auch nicht: Ja, wenn du in Zukunft auf deine geliebten Fußballnachmittage vor dem Fernseher verzichtest. Wir wollen geliebt werden, so wie wir sind: mit unseren Stärken und Schwächen, mit unseren Vorzügen und Fehlern, mit unseren starken und unseren schwachen Momenten. Den anderen zu akzeptieren, wie er ist, das ist selbst dann die beste Strategie, wenn dir die eine oder andere Veränderung am Verhalten, am Denken oder an der Persönlichkeit deines Partners ganz recht wäre. Wer sich grundsätzlich als Persönlichkeit akzeptiert fühlt, der entspannt sich. In dieser Stimmung ist er zu einer Veränderung eher bereit und in der Lage, als wenn er unter Druck steht. Denn wer sich unter Druck gesetzt fühlt, konzentriert sich darauf, sich zu verteidigen.


Der Kritikerblick

Es ist schon einige Jahre her, als mich nach einem Vortrag über Partnersuche eine Frau ansprach, die keinen Partner fand. Immer wieder interessierten sich Männer für die gutaussehende 38-Jährige. Doch immer wieder verschwanden diese Männer ebenso schnell, wie sie aufgetaucht waren. »Was mache ich nur falsch?«, wollte sie wissen. Mit dem letzten Mann hatte sie sich dreimal getroffen, bevor er verschwand. Bei der ersten Verabredung hatten die beiden heftig miteinander geflirtet. Bei der zweiten hatte er ihr tief in die Augen geschaut und immer wieder Komplimente gemacht. Die Sache lief gut, das war für sie zu spüren. Was aber war beim dritten Treffen passiert? Warum hatte er sich danach einfach nicht mehr gemeldet und war für sie auch nicht zu erreichen gewesen?

„Ich fand ihn wirklich nett und dachte, da Ehrlichkeit in einer Beziehung sehr wichtig ist, sage ich ihm, was mich alles an ihm stört.“ Und das war wohl eine ganze Menge. Sie hatte schon viele Männer nach einigen wenigen Treffen mit ihrer »Ehrlichkeit« frustriert. Nun war sie ratlos.

Warum verschwanden die Männer immer so plötzlich aus ihrem Leben? Manche Leserin und mancher Leser mag da die Stirn runzeln über so viel Naivität.

Zu Beginn einer Beziehung machen wir Komplimente und schöne Augen, wir sagen dem anderen, was wir an ihm anziehend finden, und bewundern ihn – aber ein regelrechtes Strafgericht über den anderen, nein, das ziehen wir in dieser Phase der Liebe nicht in Erwägung. Wir spüren instinktiv, dass Kritik am anderen sich nicht mit der Liebe verträgt, und verhalten uns entsprechend.

Später aber, wenn unsere Liebe in die Monate oder die Jahre kommt, ändert sich das. Dann wagen wir den Kritikerblick.
Warum nicht dem anderen sagen, was an ihm nicht stimmt?

Wer sich gegenüber seinem Partner oft kritisch verhält, leidet nach Ansicht von Psychotherapeuten häufig unter Selbstzweifeln. Der Grund für die Kritik am anderen ist die Kritik, die man regelmäßig an sich selbst übt. Wer sich selbst für unzulänglich hält, der sucht beim anderen und bei sich selbst regelrecht nach etwas, was fehlt. Er trainiert den Kritikerblick.
In dem genannten Beispiel trainiert die Frau den Kritikerblick schon lange bevor eine Beziehung entstehen kann. Dabei verpasst sie unbeabsichtigt den Sinn der Liebe.

Denn der Sinn der Liebe besteht darin, den Partner zu akzeptieren, wie er ist.


Stoppe das Umerziehungsprogramm

Der Glaube an die Notwendigkeit, den Partner umzuerziehen, hat in unserer Kultur eine lange Tradition, nur waren es lange Zeit ausschließlich die Frauen, die umerzogen werden sollten, ja mussten. In der Weltliteratur hat das männliche Umerziehungsbegehren deutliche Spuren hinterlassen, von Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung bis hin zu George Bernard Shaws Pygmalion. Bei allem Fortschritt, den die partnerschaftliche Wende der siebziger Jahre mit sich gebracht hat, hatte sie doch einen großen Nachteil: Heute glauben auch viele Frauen, der Sinn einer Partnerschaft bestünde in der Umerziehung des Partners.

Und ihr Glaube an die Veränderbarkeit des Menschen scheint dabei keine Grenzen zu kennen. Viele Frauen haben mir von merkwürdigen Verhaltensweisen und albtraumhaften Angewohnheiten ihrer derzeitigen Männer berichtet. Auch mancher Mann redet so von seiner Frau. Aber warum nur sind sie dann mit ihnen zusammen, wenn es so schreckliche Männer oder Frauen sind? Haben sie das, was sie später störte, zu Beginn nur einfach nicht bemerkt? Oder haben sich die Partner zu Anfang gut verstellt? Diese empfindliche Wahrnehmung ist nach meiner Überzeugung das Ergebnis des Kritikerblicks. Alle diese Männer und Frauen sprechen nicht von dem, was sie an ihren Partnern schätzen, oft nehmen sie es auch gar nicht mehr wahr. Sie schauen nur noch auf das, was sie am anderen stört. Sie reden ausschließlich von den Dingen, die ihnen nicht gefallen.
Wenn man ihnen eine Weile zuhört, dann könnte man glauben, sie stünden kurz vor der Scheidung. Die Vorzüge des Partners Hand aufs Herz: Siehst du manchmal auch nur noch das Schlechte an deinem Partner oder deiner Partnerin?
Glaube mir, die Negativität, die hinter dem Kritikerblick steht, kann eine Beziehung langfristig zerstören, denn mit ihr geht eine Vielzahl von schlechten Gefühlen einher. Der andere wird abgewertet oder sogar verachtet.

Dann ist er nicht mehr anders, sondern er ist falsch.


Übung: Das Gute sehen

Schreibe mindestens drei Dinge auf, die dir an deinem Partner/ Partnerin gefallen. Richte deinen Blick damit ganz bewusst auf das Positive an deiner Beziehung. Und sei dir sicher, es gibt sie, die positiven Seiten – ansonsten wärt ihr beide kein Paar.
Die Liebe lebt nicht von unseren negativen Gefühlen, sondern von positiven Emotionen.

Die werden durch diese Übung verstärkt. Besinne dich am Ende eines jeden Tages auf einige der Eigenschaften, für die du deinen Partner bewunderst. Du brauchst das nicht lange zu tun, einige Minuten genügen. Sei für einige wenige Minuten dankbar für alles, was dir an deiner Beziehung gefällt.

Dankbarkeit – das klingt ein wenig altmodisch. Aber es ist hilfreich. Frage dich am Ende eines Tages auch ganz konkret, was du an dem Zusammensein mit deinem Partner/in an diesem Tag genossen hast. Was war schön?
Und schließlich überlege dir, wie du das deinem Partner, deiner Partnerin mitteilen könntest.  Von dem, was wir am anderen schätzen, reden wir im Laufe der Jahre kaum mehr.

Mache diese Übung auch an Tagen, an denen dir eigentlich nicht danach ist, weil du mit der einen oder anderen Eigenschaft deines Partners/ deiner Partnerin haderst, weil ihr euch gestritten habt oder weil du durch die Arbeit oder andere Ereignisse in deinem Leben so gestresst bist, dass dir dein Partner/in heute wirklich nichts recht machen kann.
Mache diese Übung gerade auch an diesen Tagen! – damit die Liebe bleibt.

Vergiss dabei eins niemals- dein Partner, deine Partnerin ist das i-Pünktchen deines Lebens!

Damit aus Leben…  L( i )eben wird!


LOVE, Kathrin


die Autorin

 
KATHRIN GEEF

Kathrin Geef ist Inhaberin der Praxis für systemische Paartherapie, sowie Mindset- und Life-Coach für Frauen. Sie ist Autorin ihres Blogs und Gründerin des gemeinnützigen Vereins Speaker4Charity e.V..