written by Kathrin Geef | Blogartikel 

14. Januar 2021

Dieser Blogbeitrag ist der 4. und letzte Teil der mehrteiligen Serie SPIELREGELN – DAMIT PARTNERSCHAFT GELINGT, in der ich den Versuch starte, die am meisten vorkommenden Probleme, die mir in der Arbeit mit Paaren begegnen, aufzuzeigen und Hintergründe dazu zu geben, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können.

Zugehörige Blogbeiträge:

  1. Spielregeln der Liebe - Wie Partnerschaft heute gelingt
  2. Wie Macht die Liebe zerstört
  3. Wenn die sexuelle Lust erlischt – Zu viel Nähe
  4. Fremdgehen - Vom Wert der Treue

Bist du bereit? Dann mach es dir bequem und lies das 4. Kapitel.


Fremdgehen – Vom Wert der Treue

Glaubt man den Statistiken, so betrügen rund 50 % der verheirateten Männer und Frauen mindestens einmal im Laufe der Ehe ihren Partner. Weil Fremdgehen nach wie vor dennoch ein tabuisierter Bereich ist, wird in den meisten Ehen in diesem Punkt geflunkert und gelogen, was das Zeug hält. Wenn es dann herauskommt, kommt es zu den schlimmsten Tragödien angefangen vom Nervenzusammenbruch, über Handgreiflichkeiten bis zu überstürzten Trennungen.

Ich möchte darum versuchen, dieses Thema offen und zugleich neutral anzusehen. Wir können nicht weiter so tun, als wäre das Thema nicht präsent – bei diesen hohen Zahlen. Deshalb ist es dringender denn ja, dass wir offen darüber sprechen.


Was fehlt in der Ehebeziehung?

Selten hat eine Außenbeziehung nichts mit der Ehe – Beziehung zu tun. Außenbeziehungen „passieren“ nicht einfach so – auch wenn manch ein Betroffener nach einer „schnellen Nummer“ auf dem Rücksitz eines Autos sagt: „Es kam so über mich“.

Nicht selten beobachte ich in meiner Praxis folgendes Phänomen: entweder die beiden haben viel Geborgenheit und Sicherheit miteinander, aber wenig Erregung und Abenteuer, oder der eine dominiert, der andere ist ständig unterlegen, oder der eine gibt viel mehr in die Beziehung hinein, als der andere.

Oft ist es dann so, dass der „Untreue“ sich „draussen“ das holt, was er „drinnen“ nicht bekommt.

Daher ist es wichtig zu erkennen, dass eine Außenbeziehung nicht zwangsläufig ein schreckliches Unglück, und vor allem nicht das Ende der Ehebeziehung ist. Wenn man keine hektischen Schnellschuss-Entscheidungen trifft, sondern den Mut aufbringt, eine zeitlang auszuhalten und gemeinsam hinzuschauen (zum Bsp. in deiner Paarberatung), kann die Außenbeziehung zum Anlaß einer tiefergreifenden, gemeinsamen Erneuerung der Beziehung werden.

Ich habe das so oft erlebt. So schwer es war und so viel es durcheinander gewirbelt hat, im Endeffekt war die Außenbeziehung ein Segen, weil sie ein erstarrtes Ehegehäuse aufgebrochen, frischen Wind und neues Leben hineingebracht hat.

Nun mag manch Leser vielleicht den Eindruck haben, ich bin ein Befürworter von Außenbeziehungen. Dann antworte ich gern im Sinne meiner Mentorin Esther Perel: „Ich rate Ihnen genau so wenig zu einer Außenbeziehung, wie ich Ihnen raten würde, an Krebs zu erkranken.“

Auch eine solche Erkrankung kann in der Nachsicht durchaus als Stimulanz zur Lebensveränderung verstanden werden.

Diese Wirkung kann sie nur haben, wenn man darauf verzichtet, dass „Fremdgehen“ einseitig als moralisch zu verurteilen und den schwarzen Peter dem Untreuen zuzuschieben. Damit vergibt man eine große gemeinsame Chance oder auch für das jeweilig eigene Wachstum.

Eine Außenbeziehung sollte man daher immer sehr ernst nehmen und sich wirklich so lange damit auseinandersetzen, bis eine eindeutige Entscheidung für oder gegen die Ehe fällt. Sonst schlittert man in ein Doppelleben, in Unehrlichkeiten oder dauernde Verletzungen hinein, die mindestens für einen im Beziehungsdreieck, wenn nicht für alle drei, die Situation zur Hölle machen. Einen derart unwürdigen Zustand darf man nicht akzeptieren, wenn man sich selber etwas wert ist.


Kathrin



die Autorin

 
KATHRIN GEEF

Kathrin Geef ist Inhaberin der Praxis für systemische Paartherapie, sowie Mindset- und Life-Coach für Frauen. Sie ist Autorin ihres Blogs und Gründerin des gemeinnützigen Vereins Speaker4Charity e.V..