written by Kathrin Geef | Blogartikel 

28. Dezember 2022

Die drei häufigsten Missverständnisse einer Beziehung


Missverständnis 1: Das hättest du dir doch denken können


Der Mann kauft seiner Frau Karten für ein Musical, um seine Frau damit zu überraschen. Die Überraschung ist tatsächlich groß, aber nicht so wie er es sich vorgestellt hat, sondern die Frau ist enttäuscht, weil er sich nicht zusätzlich um den Babysitter bemüht hat.

Sie sagt: „Das hättest du dir doch denken und deine Mutter gleich fragen können. Jetzt muss ich mich wieder um alles kümmern." Die Frau empfindet nun die Organisation des Abends als Belastung und lässt es den Mann auch spüren. Sie ist der Meinung, wenn schon Karten, dann auch Babysitter, sonst habe sie ja nichts davon.

Der Mann ist nun ebenfalls enttäuscht und hat das Gefühl, er könne ohnehin nichts recht machen. Und die Spirale beginnt sich zu drehen. Ein Wort gibt das andere, eigentlich hat keiner mehr Lust in das Musical zu gehen, aber die Karten sind ja da, also geht man missmutig aus dem Haus, aber keiner kann den Abend wirklich genießen.


Wo ist die Lösung?

Es hätte vermutlich gereicht, wenn die Frau ihrem Mann gezeigt hätte, wie sehr sie sich über die Einladung freut. Wenn sie ihm nun auch noch gesagt hätte, dass sie es als wirkliche Entlastung empfindet, wenn er auch noch seine Mutter aktiviert, um auf die Kinder aufzupassen, hätte er das sicherlich gerne getan.


Missverständnis 2: So gut musst du mich doch kennen

 
In Partnerschaften trauen die Partner sich hellseherische Fähigkeiten zu. Die Frau organisiert eine Party zum runden Geburtstag ihres Mannes, da sie davon ausgeht, dass dieser besondere Tag gefeiert werden muss. Sie hat Freunde und Kollegen eingeladen, Verwandtschaft und Nachbarschaft.

Der Mann ist entsetzt, er hatte sich vorgestellt, mit der Familie wegzufahren und in aller Ruhe diesen Tag zu verbringen. „So gut musst du mich doch kennen“ sagt er. Die Harmonie ist dahin. Alle wieder ausladen – schier unmöglich. Der Geburtstag wird gefeiert, letztendlich ist es doch ganz lustig, aber die Frau denkt sich, nie wieder werde ich etwas Ähnliches organisieren.


Wo ist die Lösung?

Natürlich wirst du sagen, so etwas muss doch besprochen werden. Ja klar, aber wenn Paare sehr lange zusammen sind, dann glauben sie zu wissen, was der andere mag oder nicht. Und die Frau hatte sich gedacht, wir haben all die Jahre vorher gefeiert, wie sollte ich darauf kommen, dass er ausgerechnet seinen runden Geburtstag nur mit uns verbringen möchte. Hier ist Kommunikation wichtig, gehe besser nicht davon aus, den anderen so gut zu kennen, dass du über seinen Kopf hinweg bestimmen oder entscheiden kannst.


Missverständnis 3: Das habe ich dir schon hundertmal gesagt


Ein Paar kommt zu mir in die Beratung, weil die Frau die Trennung möchte. Auf die Frage nach den Gründen, erklärt sie: „Mein Mann ist mir gegenüber total gleichgültig. Ich glaube, er liebt mich gar nicht mehr, er schaut sich eine Sportsendung nach der anderen an, mit mir macht er gar nichts mehr. Ich habe es ihm schon hundertmal gesagt, aber es ändert sich einfach nichts".

In so einer Situation versucht meist einer mit Vorwürfen etwas zu bewirken. Etwa so: Den ganzen Abend verbringst du vor dem Fernseher, du redest nicht mit mir, wir unternehmen gar nichts mehr gemeinsam. Der so Kritisierte geht nun auf Tauchstation und denkt sich: „Wenn sie sowieso nur meckert, warum sollte ich dann den Abend mit ihr verbringen?" Das Paar dreht sich oft jahrelang im Kreis, bis einer aussteigt. Die Reue ist dann groß und manchmal merkt man erst dann, wie wichtig dem anderen die Anliegen sind.

Wo ist die Lösung?

Lerne grundsätzlich, in deiner Beziehung nicht vorwurfsvoll zu kommunizieren. Vorwürfe richten sich immer in die Vergangenheit. Nie machst du … ,immer bist du … und jeder weiß, wie es sich anfühlt, gemaßregelt zu werden. Und jeder weiß auch, dass die scheinbar einzigen Gegenmittel Rechtfertigung und Verteidigung sind. Und das wiederum vermittelt dem anderen den Eindruck, nicht gehört zu werden. Formuliere deine Worte in die Zukunft gerichtet und definiere auf keinen Fall, was du NICHT willst, sondern was du STATTDESSEN willst.


Beispiel:

„Ich liebe dich so sehr, dass ich gerne den Abend mit dir verbringen möchte.“

Hört sich doch ganz anders an als:

„Nie hast du Zeit für mich."

Und wenn du deinen Wunsch so verpackst, dann wird er sicherlich gerne erfüllt.


Wenn Worte meine Sprache wären


Wenn Worte meine Sprache wären
Ich hätt‘ dir schon gesagt
In all den schönen Worten
Wie viel mir an dir lag…

So treffend, wie es Tim Bendzko in seinem Song beschreibt, so können es vielleicht nur die wenigsten beschreiben, wenn ihnen die Worte fehlen. Und selbst, wenn Worte vorhanden sind, kommen sie doch nicht immer bei anderen so an, wie sie eigentlich gemeint waren.

Nicht immer kann bei Paaren nachvollzogen werden, wieso plötzlich eine schlechte Stimmung entsteht, obwohl eigentlich ein gut gemeintes Gespräch geführt wurde. Eigentlich.

Wenn etwas gut Gemeintes so verstanden wird, dass sich schlechte Gefühle aufbauen, dann wäre es wichtig, dem nachzugehen. Denn, dass sich schlechte Gefühle melden, hat als Erstes IMMER was mit deinen eigenen Filtern und Bewertungen zu tun. Der andere ist zwar der Auslöser, doch die RE-AKTION darauf liegt IN DIR. Bei wem ist das Gefühl? Richtig. Bei dir.


Worte wecken schlafende innere Geister

Worte, die du hörst, werden in Windeseile durch dein inneres Bewertungssystem geschleust. Binnen Sekunden fällst du unbewusst dein Urteil. Du allein gibst jedem Wort eine Bedeutung und eine Bewertung und manchmal sogar noch eine Interpretation. Aus diesen drei ergibt sich dein oft vernichtendes Urteil (über dich selbst oder deinen Partner)


Missverständnisse beleuchten innere Bilder

Was du hörst, flattert zwischen deinen Ohren, deinem Selbstbild und dem Bild, das du dir von anderen gemacht hast, hin und her. Was du hinter den Worten verstehst, hat weit mehr mit deinem Bewertungssystem zu tun als mit dem, wie es tatsächlich vielleicht gemeint war. Du hörst aus Gesprochenem das heraus, was deinem inneren Bild entspricht. Missverständnisse sind die wahrscheinlichsten Resultate von Kommunikation. Diese Missverständnisse sind jedoch gute Indikatoren, um am eigenen inneren Bild, dass du dir von deinem Partner gemacht hast, arbeiten zu können.

Wenn du dich durch die Äußerung deines Partners verletzt fühlst, ist es hilfreich dich zu fragen, wofür das jetzt gut ist? Was will dir deine Verletzung EIGENTLICH sagen, worauf will sie dich vielleicht hinweisen? Wenn du deiner Verletzung eine Stimme geben könntest – was würde sie zum Ausdruck bringen wollen?

Woran liegt es, dass Paare so oft aneinander vorbeireden? Ganz einfach: der andere wird nach deinem Bild erschaffen. Dem Bild, dass dir dienlich ist. Auch wenn daraus Ärger, Wut und Streit folgt. Denn du könntest es ja auch nicht GEGEN dich verstehen. Du könntest es auch so verstehen, dass es zu deinen Gunsten ist.


Ab jetzt wird es interessant.

Wie willst du dir denn jemals auf die Schliche kommen? Wie willst du dir denn jemals bewusst werden, wie deine Glaubenssätze lauten? Bämmm…


DAFÜR SIND MISSVERSTÄNDNISSE EIGENTLICH DA!!!


Mein Tipp: Ab sofort, wenn du durch ein Wort oder in einem Gespräch dich verletzt, nicht gesehen oder gemeint fühlst, hältst du erstmal inne. Das WICHTIGSTE: Nicht im Affekt re – agieren.

Okay? Das gibt nur Zoff und endet im Streit. Kennst du.


Ab sofort machst du es anders:

Du schaust, welche Gefühle melden sich.

Dann schaust du, was hat das mit dir zu tun?

Was hat das mit deinem Gegenüber zu tun?

Wofür ist es vielleicht gut, dass du dich jetzt so fühlst? Was will geheilt werden?



Ich hoffe, dir gibt der Text einen wichtigen Impuls.


Danke, dass du da bist!

Deine Kathrin


die Autorin

 
KATHRIN GEEF

Kathrin Geef ist Inhaberin der Praxis für systemische Paartherapie, sowie Mindset- und Life-Coach für Frauen. Sie ist Autorin ihres Blogs und Gründerin des gemeinnützigen Vereins Speaker4Charity e.V..