written by Kathrin Geef | Blogartikel 

12. Mai 2021

„Ich würde so gern vergeben, aber ich schaffe es nicht. Immer wieder spüre ich, wie wütend ich immer noch auf ihn bin.“

Vor mir sitzen zwei wundervolle Menschen, die sehr erschöpft auf mich wirken. Ich spüre ihr tiefes Band zueinander, aber auch den tiefen Graben, der sie von einander (noch) trennt. Sie haben nach monatelangen Streitereien keinen Ausweg aus ihrem Dilemma gefunden und nun sitzen sie ratlos vor mir.

Ich frage sie, wie denn so ein „typisches“ Gespräch zwischen ihnen abläuft, in dem es irgendwann den Punkt gibt, wo es kippt und sie in der immer gleichen Spirale von Vorwürfen und Verteidigungen enden.

Was dann folgt ist ein klassisches Muster. Einer fängt an und erklärt, welches Verhalten des anderen in der Vergangenheit dazu geführt hat, dass man sich heute so fühlt, wie man sich fühlt. Darauf folgt eine Reaktion, die zum einen der eigenen Erklärung als auch der Abwehr von Vorwürfen dient. Daraufhin geht es nun hin und her: "Aber du hast doch…“ oder „Immer machst du das und das…“.

Gespräche dieser Art führen zu der immer gleichen Folge: Wut und Frustration.

Aber nicht zur Erfüllung dessen, was dahinter das WIRKLICHE Bedürfnis ist. Und nun? Was können die beiden (und vielleicht auch du) tun, damit sie in Zukunft ihren Konflikt friedlich lösen? In diesem Blogbeitrag starte ich den Versuch dir eine Art des Umgangs  zu veranschaulichen, wo es um eine neue Art der Kommunikation geht. Eine Art, die Wohlwollen verstärkt und die einen Sprachgebrauch voller Ablehnung und Abwertung vermeidet.


Gewaltfreie Kommunikation

Wegen seiner jüdischen Wurzeln wurde Marshall B. Rosenberg in den 40er Jahren oft ausgegrenzt. Diese Erlebnisse prägten ihn. So verfolgte er als Psychologe einen Grundgedanken: Wer Frieden schaffen will, muss nicht nur darauf achten, was er sagt – sondern auch, wie. Rosenberg entwickelte daher das Konzept der „Gewalt­freien Kommunikation” (engl. Nonviolent Communication). Es beruht auf der Annahme, dass die meisten zwischenmenschlichen Konflikte ihre Ursache darin haben, dass wir in Dialogen unsere Bedürfnisse falsch kommunizieren. Schuld sei unsere wertende und verurteilende Sprache.
Bei dieser Art der Kommunikation kommt einer besonderen Bedeutung die Übernahme von Verantwortung zu – für getroffene Entscheidungen, sowie der Verbesserung der Qualität unserer Beziehungen.

Mit Hilfe der GFK (gewaltfreien Kommunikation) wirst du verstehen lernen. dass alles. was ein Mensch tut, ein Versuch ist, seine Bedürfnisse zu erfüllen. Du wirst lernen, dass es für den Umgang mit anderen förderlicher ist, Bedürfnisse durch Kooperation statt durch Dominanz zu erfüllen. Allen Menschen bereitet es von Natur aus Freude, zum Wohlergehen anderer beizutragen, wenn sie das freiwillig tun können!

Durch die GFK bekommst du die Gelegenheit Verbindungen mit anderen Menschen zu erschaffen, die für dich befriedigender sind und vergangene Erfahrungen und Beziehungen, die schmerzvoll oder erfolglos waren, zu heilen. Dadurch gelingt es dir, Schuldgefühle, Scham, Angst aufzulösen und Ärger und Frust in Leichtigkeit und Kompetenz umzuwandeln. Es bietet dir die Chance, Lösungen zu finden, die auf gegenseitiger Rücksichtnahme, Respekt und Konsens basieren. Es geht darum, Bedürfnisse so zu erfüllen, dass sie das Leben bereichern, sei es im persönlichen Leben, in der Familie, der Schule, der Nachbarschaft und in der Gesellschaft.


Enttäuschungen, Wut und Anklage

Wut ist immer ein Anzeichen dafür, dass wir von dem getrennt sind, was wir wertschätzen und das unsere Bedürfnisse nicht versorgt werden. Wut ist nichts, was wir unterdrücken müssen oder sollen. Im Gegenteil: Wut ist ein Geschenk, weil sie uns in Kontakt bringt mit unseren unerfüllten Bedürfnissen, die eine solche Reaktion in uns auslösen. Dennoch ist Wut ausschließlich ein Produkt des Denkens!

Gehen wir noch einmal zurück zu meinem Paar am Anfang dieses Beitrages. Die beiden sind so weit in einer Denkweise gefangen, die es nicht gerade wahrscheinlich macht, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Der erste Schritt wäre nun zu erkennen, dass der Auslöser ihrer Wut und ihres Ärgers nicht die Ursache ist. Also nicht das, was der andere tut, macht sie wütend, sondern vielmehr etwas in ihnen selbst, dass darauf reagiert, was der andere tut. Die Ursache der Wut liegt also in jedem selbst, im eigenen Inneren, und deshalb müssen sie lernen, den Auslöser von der Ursache zu unterscheiden.

Der zweite Schritt, der wichtig wäre, ist zu erkennen, dass nicht es nicht einfach das Verhalten eines Menschen ist, was uns wütend macht, sondern erst die Bewertung dessen, was jemand getan hat. Das ist die wahre Ursache unserer Wut und unseres Ärgers – und zwar eine bestimmte Art der Bewertung.

Wut und Ärger entstehen durch die Bewertungen. Wenn du wütend bist, bewertest du die Dinge, die dir gerade widerfahren, auf eine lebensfeindliche Art. Wut und Ärger basieren auf Gedankengängen, die anderen Menschen „Schlechtes “ unterstellen.


Zwischen Auslöser und Ursache unterscheiden lernen

Was ich allen meinen Klienten eintrichtre wie ihr täglich Wasser ist das bewusst machen dessen, dass der Auslöser von Wut und Ärger nicht die URSACHE ist. Das ist nicht immer einfach, den Auslöser oder Anlass der Wut und deren Ursache konsequent auseinanderzuhalten und beides nicht zu vermischen.

Es ist hilfreich, sich dieser grundlegenden Unterscheidung bewusst zu werden: „Ich fühle mich… (wie ich mich fühle), weil ich mir selbst Gedanken über die Handhabungen der anderen Person mache, die unterstellen, dass die andere Person etwas falsch macht. Wenn deine Gedanken sich so äußern, urteilst du bereits über die Handlungen der anderen Person und dann wird es schwer, dass du dir nicht vorstellst, diese andere Person zu bestrafen.

Ab jetzt ist dir bewusst, dass die Ursache deiner Wut niemals in dem zu suchen ist, was die andere Person tut. Sie liegt nur darin, wie du es siehst, interpretierst und darüber denkst! Wir alle haben gelernt, dass es immer die anderen sind, die auf irgendeine Weise bösartig oder schlecht sind. Dieses Denken ist die Ursache von Wut und Ärger.

Wertvoller und zielführender ist dass du erkennst, welche deiner Bedürfnisse durch die Handlungen der anderen Person nicht erfüllt worden sind. Dann, wenn du dieses Bewusstsein erlangt hast überprüfst du, wie du wieder Frieden stiften kannst zwischen dir und der anderen Person.


Die wichtigen vier Schritte

Zu aller erst:

Klar ausdrücken, wie es dir geht, ohne Kritik oder Vorwürfe zu äußern / empathisch aufnehmen, wie es der anderen Person geht, ohne Vorwürfe oder Kritik zu hören

  1. identifiziere den Auslöser für deine Wut, ohne ihn mit einer Bewertung der anderen Person zu vermischen
  2. werde dir bewusst, dass es diese Bewertung anderer Menschen ist – in Form von Urteilen, die Fehlerhaftigkeit unterstellen -, die die Wut verursacht
  3. finde heraus, welches Bedürfnis versorgt werden will
  4. bitte klar darum, was dein Leben bereichern würde und welche konkreten Handlungen du dir wünschst, die in die Tat umgesetzt werden


Kathrin


die Autorin

 
KATHRIN GEEF

Kathrin Geef ist Inhaberin der Praxis für systemische Paartherapie, sowie Mindset- und Life-Coach für Frauen. Sie ist Autorin ihres Blogs und Gründerin des gemeinnützigen Vereins Speaker4Charity e.V..